Sonnenhof Lech
Projekt
Beim Projekt Sonnenhof handelt es sich um die Generalsanierung einer teils bis ins späte 14. Jahrhundert – und damit in die erste Besiedelungswelle des Tannenbergs – zurückreichenden Bausubstanz, die nicht denkmalgeschützt war. Die Adaptierung erfolgte mit dem Ziel und unter den Prämissen und Auflagen gewerblicher Vermietung.
Entwicklung und Zustand des Baukörpers vor Sanierung
Der Generalsanierung unterworfen wurde lediglich die Hälfte eines über sechs Jahrhunderte zu einem baulichen Hybrid angewachsenen Gebäudekomplexes. Über fünf Jahrhunderte entstand aus einem dreizelligen Ursprungsbau von 1393 in drei Erweiterungsschritten – 1436, 1480 und um 1600 – ein klassisches, quer zwei-, längs dreiachsiges Walserhaus. Durch einen dreigeschossigen Zubau um 1900 entfernte sich das Haus erstmals von der klassischen, lokalen Ausprägung des Walserhauses. Die Aufsattelung eines zweiten Obergeschosses auf dem historischen Bau im Jahr 1948 verlieh dem Gebäude seine noch heute ungewöhnliche, aufragende Form. Ein weiterer, im frühen 21. Jahrhundert errichteter, turmartiger bau lässt sich leicht als „zeitgenössische“ Erweiterung lesen.
Entwurf
Der Entwurf leitet sich aus drei Prinzipien ab:
1. einer gründlichen bauhistorischen und dendrochronologischen Analyse und Bewertung des Bestandes
2. einer ästhetischen Entscheidung, neue Bauteile klar als solche kenntlich zu machen, gleichzeitig, aber traditionelle Handwerkstechniken und Materialien zu bevorzugen und so der Idee des „Weiterstrickens“ gegenüber einer forcierten „Modernität“ den Vorrang zu geben
3. Grundsätzen der Nachhaltigkeit: Baubiologie, lokales Handwerk und Energie
1. Materialien: Verwendung ausschließlich massiven, völlig unbehandelten, Fichtenholzes für Strickbau, Dachkonstruktion, Fassaden, Böden und Fenster, Dacheindeckung in Lärchenschindeln, Holzfaserdämmung, Naturstein, zementfreier Kalkmörtel, -estriche, -putze, -glätten und -anstriche, Seife, Verzicht auf Folien und generell auf Materialien, die nicht zu rezyklieren sind. Die neu eingebauten Bauteile sind abfallfrei rückzubauen.
2. Lokales Handwerk: die Leistungen wurden zur Gänze von lokalen Handwerkern erbracht
3. durch die Verwendung von Niedertemperatur-Wand- und Bodenheizungen ist das historische Gebäude mit minimalem Energieaufwand beheizbar. Die Energie stammt aus dem lokalen Bimoasse-Heizwerk.
Erläuterung
Grundlegend war die Entscheidung, den Bau in seiner Baugeschichte zu respektieren (und damit auch das ungewöhnliche zweite Obergeschoss zu belassen), gleichzeitig die durch die Eingriffe der Nachkriegszeit zum Verschwinden gebrachte Grundstruktur des historischen Walserhauses wieder freizulegen und erfahrbar zu machen.
Dabei wurde möglichst viel an historischer Bausubstanz erhalten. Die Aufstockung der frühen Nachkriegszeit und die damit verbundenen Umbau- und Einbauten vor allem im Bereich des Flurtraktes erfolgten damals mit bescheidensten Mitteln. Sie zu erneuern war allein aus bautechnischen Erfordernissen für die gewerbliche Vermietung geboten.
Die Anwendung fast verschwundener, traditioneller Handwerkstechniken unterstreicht die Einzigartigkeit dieser Baugeschichte, indem sie diese fortsetzt. Über sechshundert Jahre alte Bauteile und Räume beweisen die heute kaum vorstellbare Dauerhaftigkeit dieser historischen Architektur. Die Sanierung orientiert sich an einer „Modernität der Dauerhaftigkeit“ (Lampugnani).
Die hochwertige Verarbeitung baubiologisch nachhaltiger Materialien demonstriert eindrücklich die hohe Kompetenz des Vorarlberger Handwerks.
Resumee und Ausblick
Der Sonnenhof in seiner heutigen Form lässt Jahrhunderte alte Baugeschichte auch für Gäste erfahrbar werden, ohne jeden Komfortverzicht, aber auch ohne Anbiederung an den Zeitgeist. Geplant ist, die nach 1600 hinzugekommenen Bauteile abzureißen, das historische Gebäude freizustellen und durch autonome Neubauten ein stimmiges Ensemble zu schaffen.
Bauherr/in: Gerold Schneider
Architektur: Katia und Gerold Schneider
Fotografie: Gerold Schneider
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