Mittelschule Mittelweiherburg
Das Anfang der 70er Jahre von Werner Pfeifer entworfene und von seinem Nachfolgebüro realisierte Schulgebäude spiegelt in exemplarischerWeise die Entwicklungen in Schulbau und Architektur dieser Zeit wieder.
Auslösendes Moment für die Entwicklungen im Schulbau der Sechziger- und Siebzigerjahre war das neue Österreichische Schulorganisationsgesetz aus dem Jahr 1962. Es verlängerte die allgemeine Schulpflicht auf neun Jahre und reduzierte die Klassenschülerhöchstzahl, in weiterer Folge sollte in jedem politischem Bezirk eine zur Matura führende Schule errichtet werden. Um diese gesellschaftspolitische und egalitäre Forderung zu erfüllen, die sich in Pädagogik und Raum manifestieren sollte, wurde die „Studiengemeinschaft Vorfertigung im Schulbau“ der Architekten Franz Kiener, Ferdinand Kitt, Fritz Gerhard Mayr, Herbert Turnher, Ottokar Uhl und Viktor Hufnagel beauftragt, technische und wirtschaftliche Grundlagen für den zur Umsetzung der Forderungen notwendigen Schulbau zu entwickeln. In Folge entstanden einige Modellschulen, die vor allem dem bis dahin in Österreich unbekannten Schultyp der Hallenschule folgten. Daneben waren vor allem Vorfertigung, Rastersysteme und flexible Raummodelle Gegenstand der Forschung.
Bei der Sanierung der Schule in der Mittelweiherburg wurde an dieses Vorgedachte angeknüpft. Die Grundstrukturen des Hauses konnten so erhalten werden, deren graue Energie bleibt gebunden. Ein möglichst recourcenschonender Ausbau war möglich. Charakter und Duktus der Schule werden imWesentlichen übernommen und weitergeführt, die vorhandenen Qualitäten der Schule bilden eine gute Basis für die aktuellen inhaltlich/pädagogische Weiterentwicklungen. Wesentliche Elemente aktueller Pädagogik sind im Bestandsbau angelegt - nach fast fünfzig Jahren kommt die Pädagogik auf Augenhöhe mit dem theoretischen Überbau des Schulbaus der Sechziger- und Siebzigerjahre.
Brutalismus sanft reloaded
Von dem rund 450 Jahre alten HarderWasserschloss hat die Ende der 1970er-Jahre in dessen Nachbarschaft vonWerner Pfeifer entworfene Mittelschule zwar ihren Namen "geerbt", sonst haben die beiden markanten Gebäude allerdings nichts gemeinsam. Dass die Schule etwa nicht erhalten bleibt, stand nie zur Diskussion, genauso wie die Notwendigkeit ihrer Generalsanierung. Entsprach ihre Struktur doch weder den pädagogischen noch bau- und sicherheitstechnischen Anforderungen - etwa in Sachen Barrierefreiheit - von heute.
Um den in die Jahre gekommenen "Bunker", so Schuldirektor Christian Höpperger, gegenwarts- und zukunftsfit zu machen, wurde von der Gemeinde als Bauherr ein geladenes Verhandlungsverfahren initiiert, das die Bregenzer gruber locher architekten für sich entscheiden konnten, um in der Folge mit der Planung beauftragt zu werden. Der Transformation eines riesigen, in die Jahre gekommenen, brutalistisch mit einem Anflug von Postmoderne daherkommenden Gebäudekomplexes, bei dem nicht nur aus Budgetgründen erhalten werden sollte, was erhaltenswert war. Selbstbewusst und doch mit viel Fingerspitzengefühl ergänz durch Eingriffe von heute, die ganz bewusst als solche erkennbar sind.
Sie hätten das von Pfeifer geplante Gebäude eigentlich nur fertiggebaut, sagt Architekt Gerhard Gruber. Die Fassaden des durch ihre von markanten Elementen ausWaschbeton und durchgehenden Fensterbändern dominierten, breit hingelagerten Drei- bzw. Viergeschoßers mit seinen abgetreppten Flügeln blieben praktisch unberührt. Genauso wie der komplett verglaste bzw. turmartig sich nach außen wölbende Mittelteil. Sie wurden nur aufgefrischt, die Holz-Alu-Fenster ausgetauscht, die - erneuerte - hölzerne Verschalung bekam einen zartgrauen Anstrich. Eine breite Treppe führt zu dem über alle Geschoße offenen, gläsern überdachten achteckigen Atrium, dem nun auch per Lift vertikal erschlossenen "Herz" des Gebäudes. Zu dem sich die einzelnen Stockwerke durch breite Galerien öffnen, deren ehemals massive Stahlgeländer der internen Sichtbezüge wegen durch gläserne ersetzt wurden.
Der Sichtbeton der tragenden Bauteile wurde auch im Inneren freigelegt und sandgestrahlt. Dessen gefühlte Rohheit durch "weiche" Haptiken und Farben nach einem exakt ausgeklügelten Konzept der Farbdesignerin Monika Heiss atmosphärisch aufgemischt wird. Etwa durch den auf den meisten Böden liegenden farbigen Linoleum, das weiß oder Bunt der - von den Architekten entworfenen, frei im Raum stehenden oder im Volumen verschwindenden - Einbauten genauso wie das Holz der Türen, der Farbe der Fliesen in den WCs. Wobei die ehemalige Schrillheit nun einer fein zurückgenommenen Farbigkeit gewichen ist. Alles entwickelt in intensiver Zusammenarbeit mit den verschiedenen Nutzergruppen, weshalb Lehrer genauso wie die rund 200 Schülerinnen und Schüler ihre neue "Arbeitsstätte" regelrecht super finden. Mache die ganz spezielle Atmosphäre dieses Gebäudes doch unmittelbar etwas mit einem, so Hausherr Christian Höpperger. Wobei sich gerade durch den Umbau gezeigt hat, dassWerner Pfeifer in Sachen Schulbau ein fast visionärer Architekt gewesen ist. Das von ihm vorgegebene Potenzial allerdings erst durch die Verwandlung in eine moderne Clusterschule ausgeschöpft wurde.
Das Foyer im Erdgeschoß ist eigentlich eine Bühne, an die das Musikzimmer genauso wie die Bibliothek angedockt sind, die mit ihrem Teppichboden und ihren Regalen aus Lärche fast wie ein Wohnzimmer daherkommt. Der - auch - durch eine Rampe von außen erschlossene ehemalige Keller wurde durch seine neuen großzügigen Sichtbezüge ins Freie zum lichtdurchfluteten Sitzplatz für rund 100 Mittagesser (innen). Daneben liegenWerkräume genauso wie die charmant altmodische Lehrküche. Für den ehemaligen Luftschutzbunker haben die Architekten eine abgerundete Holzkonstruktion entwickelt, die Schränke genauso wie Sitznischen der neuen Garderobe sind. Generalsaniert wurde auch die riesige Turnhalle inklusive an das Atrium angedockter Tribüne. Leergeräumt und außenräumlich geklärt wurde im Zug der Generalsanierung der Mittelschule Mittelweiherburg auch dessen Vorplatz mit seiner Überdachten Verbindung zur unmittelbar daneben liegenden Volksschule.
Quelle: Vorarlberger Nachrichten, Immobilienbeilage Leben &Wohnen, 13./14. Mai 2023, Edith Schlocker
Bauherr/in: Marktgemeinde Hard
Architektur: gruber locher architekten
Fotografie: David Schreyer
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