Haus Weiss
Ein Haus für mehrere Generationen zu bauen und zu beleben, braucht mehr als einen guten Grundriss und den richtigen Standort. Es geht darum, die Bedürfnisse der Bewohner:innen zu erkennen, sie aufzunehmen und sie in eine Architektur zu verwandeln, die zu ihnen und dem Ort passt. Dabei werden Themen wie Barrierefreiheit im Alter, Familientauglichkeit, Arbeitsplätze im Haus, Privatsphäre zwischen Arbeiten und Mehrgenerationenwohnen behandelt.
Die Baufamilie des Hauses Weiss bot die Möglichkeit, all diese Themen unter einem Dach zu berücksichtigen und dafür eine Antwort zu suchen.
Ort
Schwarzenberg ist ein idyllischer Ort im Bregenzerwald (Vorarlberg). Bekannt durch sein historisches Dorfzentrum mit prächtigen alten Gasthäusern und die alljährlich stattfindende Schubertiade. Dass der Ortskern so lange erhalten werden konnte, hängt auch mit der besonderen Architektur zusammen.
Der Weiler „Zur Egg“ liegt nur fünf Minuten zu Fuß vom Zentrum entfernt. Entlang eines Spazierweges. Zentrumsnah und doch nicht im Zentrum.
Zwischen Bauernhaus, Wohnhaus und Gasthaus.
Absicht
In dieses Umfeld wollten wir ein Haus bauen, welches - gleich wie die Gebäude im Zentrum - über mehrere Jahrhunderte bestehen bleiben soll. Klar war, dass auf diesem großen und privilegiertem Grundstück nicht nur ein Einfamilienhaus seinen Platz finden kann. Zu wichtig sind die Themen der Zersiedlung, und Vereinsamung im Alter.
So entstand der Gedanke, zusammen mit den Eltern der Bauherrin ein Haus zu bauen. Da der Mann der Bauherrin Architekt ist, sollte auch das Arbeiten Platz finden. (Zwei Wohnungen, ein Büro, Gemeinschaftsnutzung im Garten, Garderobe, Stiegenhaus und Keller)
Ein modernes Wälderhaus, das Arbeiten und Wohnen von mehreren Generationen unter einem Dach vereint.
Konstruktion
Erdberührte Teile und der Liftschacht (Stichwort: barrierefrei) wurden in Stahlbeton erstellt. Darauf steht ein Holzständerbau mit Vollholzschalungen, teils aus gedämmten, teils sichtbaren Holzdecken. Gedämmt wurde ausschließlich mit ökologischer Holzfaserdämmung.
Der komplette Holzbau konnte aus eigenem Holz erstellt werden. Die Wälder liegen im Umkreis von 30 km von der Baustelle entfernt und wurden in einer kleinen Säge in Langenegg zugesägt.
Materialisierung
Die Innenräume wurden durchwegs mit natürlichen Baustoffen wie Lehmplatten und Holztäfer verkleidet. Der Bodenaufbau besteht aus einem Trockenaufbau mit Splittschüttung und Lehmsteinen, die mit einem Riemenboden aus Eschenholz aus Au (im Bregenzerwald) verkleidet wurden. Mit dieser Bauweise konnte auf weitestgehend auf Kunststoffe verzichtet werden.
Wir verbringen die meiste Zeit unseres Lebens in Häusern. Sie sollten uns darum auch guttun!
Außen
Zwei Eingänge gibt es zum Haus. Einen direkt von der Straße. Er lädt ein: öffentlich, für alle zugänglich. Seitlich, ein zweiter Eingang. Freundlich, aber bestimmt weist er den Weg für die, die ihn kennen sollen. Es geht darum, Grenzen zu wahren - zwischen privat und öffentlich. Ein wichtiges Merkmal im gemeinschaftlichen Wohnen.
Das Gebäude steht auf einem leichten Putzsockel. Die Fassade ist mit runden, naturbelassenen Holzschindeln verkleidet und geschossweise mit Hohlkehlen unterteilt. Die Fenster - mal lochartig, mal zu Bändern zusammengefasst. Das Ganze unter einem großen, steilen Satteldach vereint.
Die Details sind fein gestaltet. Eine leichte, schlichte Ornamentik ziert den Wurf.
Innen
Die einzelnen Geschosse haben eines gemeinsam, sie sind alle mit den gleichen Materialien gebaut: Holz, Lehm und Stein.
Was sie aber unterscheidet, sind die Menschen, die sich die Räume ausgesucht haben. So bietet jeder Stock ein anderes Wohnerlebnis, individuell auf die Bewohner:innen und ihre Bedürfnisse angepasst. Diese wurden über mehrere Workshoprunden, die mit Bauherrschaft und dem Architekten stattfanden, immer weiter herausgearbeitet und verfeinert. So könnte das Erdgeschoss als urban und lebendig und verspielt beschrieben werden, das Obergeschoss als pur und frei und das Dachgeschoss als elegant, schlicht und privat.
So zeigt das Innere fast am besten die spannende Herausforderung, die an die Architektur in diesem Projekt gestellt wurde. Ein Haus zu gestalten, das sowohl äußerlich als auch innerlich zu seinen Mitmenschen passt, einzigartig ist und sich in die Umgebung einfügt.
Die Projektbeschreibung wurde gemeinschaftlich von der Baufamilie verfasst.
Bauherr/in: Julia Häusler
Architektur: Julia Häusler
Fotografie: Magdalena Türtscher, Adolf Bereuter, Julius Häusler
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