Häusle Villa
Häusle-Villa Marktgemeinde Rankweil
Ausgangspunkt für das Projekt Häusle-Villa in Rankweil ist der Erwerb des denkmalgeschützten Ensembles Villa und Stickerei durch die Marktgemeinde Rankweil. Im Zuge der Ortsentwicklung Rankweil, Ortskern, welche von 2019-2021 in Zusammenarbeit mit Verantwortlichen aus Politik und Verwaltung, Bürger:innen, Expert:innen sowie mit Architektin Helena Weber durchgeführt wurde, sind bei dieser Entwicklungsplanung mehrere Schlüsselgrundstücke identifiziert worden, welche sich identitätsstiftend auf das gesamte Ortszentrum auswirken. Weiters wurden vier Planungsbereiche mit unterschiedlichen Entwicklungsschwerpunkten definiert.
Das denkmalgeschützte Ensemble Häusle-Villa, welches aus Wohnhaus mit ehemaliger Stickerei besteht, ist Teil des Planungsraumes Marktplatz bzw. Ringstraße Süd, mit Schwerpunkt Kultur und Bildung.
Das Wohnhaus wurde 1856 errichtet, danach folgten mehrere Umbauten in den Jahren 1902-1907. Seit dem Jahr 1990 steht die Villa unter Denkmalschutz. Das Ensemble von Wohn- und Industriebau wurde als gut erhaltenes, anschauliches Beispiel eines Familienbetriebes, wie er für die Vorarlberger Textilindustrie typisch war, gewürdigt.
Nach dem Ankauf des Grundstücks zerstörte ein Brand 2020 große Teile des Wohnhauses, ein Brandüberschlag auf das Stickereigebäude konnte verhindert und wertvolle Teile des Mobiliars vor dem Brand gerettet werden. Nach Beschluss zum Wiederaufbau und Rekonstruktion im Sinne des Denkmalschutzes, wurde gemeinsam in einem mehrstufigen Beteiligungsprozess mit der Marktgemeinde und kulturschaffenden Expert:innen, eine Machbarkeitsstudie und daraus folgend ein Nutzungskonzept entwickelt, welches das Ensemble als Erweiterung der Amtsgebäude und als neuen Kulturstandort der Gemeinde ermöglichte.
Die Revitalisierung und Neubelebung des Ensembles wurden ab 2022 im Sinne des Denkmalschutzes und der Barrierefreiheit, der modernen bauphysikalischen, technischen, konstruktiven Anforderungen ausgeführt. Die Herausforderung dabei war, möglichst nah am Bestand zu bleiben.
Ein „neu eingestellter“, mit den konstruktiven Bauteilen verbundener Holzbau mit Dämm- und Installationsebene sorgt für die Tragfähigkeit. Der Liftschacht in Vollholzbauweise sorgt als aussteifende Tragkonstruktion und bietet mit der gewendelten Holztreppe die Vertikalerschließung. Das Dach wurde in vorgefertigter Holzbauweise neu errichtet, Teile des Fachwerks des Turms ergänzt, sowie die nördliche Veranda vollständig rekonstruiert. Kastenfenster und rekonstruierte Zugangstüren nach historischem Vorbild verbessern den Schall- und Wärmeschutz erheblich. Auch die Fassade wurde im Sinne des Denkmalschutzes mit historischen Materialien erneuert. Der schmiedeeiserne Zaun konnte saniert und durch klar erkennbare Teile neu ergänzt werden. Die Dachdeckung erfolgte, ebenso wie die Verkleidung der Gaupen, angelehnt an das historische Vorbild, in naturgrauen Swisspearl Faserzementplatten.
Die Heizung und die Kühlung der Gebäude erfolgt mit Erdsonden und Wärmepumpe. Straßenseitige Räume, Mehrzweckräume und Büroräumlichkeiten wurden mit einer kontrollierten Be- und Entlüftung mit Wärmerückgewinnung ausgestattet.
Im ehemaligen Wohnhaus finden nun im Erdgeschoss die Räumlichkeiten der Gemeinde für Kultur, Sport und Vereine Platz. Im Obergeschoss befindet sich das Standesamt mit Trauungsraum für bis zu 25 Personen und der Elisabeth-Wäger-Häusle-Raum, welcher die in der Villa geborene Literatin würdigt. Die Wohnung im Dachgeschoss mit Atelierraum im Turmzimmer kann im Sinne des Artist-In-Residence-Programms der Marktgemeinde genutzt werden. Die trotz Brand erhaltenen, wertvollen Möbelstücke, sowie ausgewählte Exemplare aus der Uhrensammlung der Familie Häusle wurde instandgesetzt und erzählt die Geschichte des Ensembles.
Die ehemalige Stickerei ist als Mehrzweckraum für unterschiedliche und vielfältige kulturelle Veranstaltungen für bis zu 60 Personen nutzbar. Neben einer Teeküche und Sanitärräumen ist der Saal mit moderner Medientechnik ausgestattet.
Im Zuge des Umbaus wurde für das Gesamtareal ein Grün- und Freiraumwettbewerb ausgeschrieben, welcher neben dem Ensemble der Häusle-Villa auch die historische St.-Peter-Kirche, und die Volksschule Rankweil Markt miteinbezieht. Die ursprünglichen Zwischenräume wurden zu charakteristischen, erlebbaren Raumzonen unter Einbeziehung der bestehenden Großbäume von Peter Vogt Landschaftsarchitektur neugestaltet. Mit der Bepflanzung, einem Wasserspiel und Sitzbänken wurde somit der Bereich um das Naturdenkmal Mammutbaum, gemeinsam mit dem neu platzierten Sigmund-Nachbauer-Denkmal, zu vielfältig nutzbaren Außenräumen aufgewertet.
Die Revitalisierung der Häusle-Villa schafft, gemeinsam mit der Neugestaltung der vielfältigen Außenräume als Parks, einen belebten Treffpunkt für Bildung, Kultur und Veranstaltungen. Dadurch entstand ein neuer Anziehungspunkt für Rankweil und die Region.
Statement Architekt
Die qualitätsvolle Gestaltung entstand in einem eng abgestimmten Prozess mit den Verantwortlichen des Bundesdenkmalamtes. Durch diese Zusammenarbeit wurden wertvolle Gebäudeteile gesichert, rekonstruiert und auch denkmalgerecht wieder instandgesetzt. Damit war es auch möglich, ein historisches, baukulturell wertvolles Gebäudeensemble auf die heutigen Anforderungen bezüglich Klima, Energieversorgung und Ökologie zu transformieren.
Wolfgang Ritsch, Architekt
Projektbeschreibung Bauherr:in
Häusle-Villa Marktgemeinde Rankweil
Die Häusle-Villa in Rankweil ist ein lebendiges Zeugnis von Geschichte, Wandel und kultureller Innovation. Ihre Sanierung und der Aufbau eines vielseitig nutzbaren Ensembles mit der angrenzenden Stickerei und dem neugestalteten Vorplatz verdeutlichen, wie bedeutend die Verbindung von Denkmalschutz, nachhaltiger Architektur und einer zukunftsorientierten Nutzung ist. Das Projekt steht beispielhaft für das Engagement der Marktgemeinde Rankweil, historische Werte zu bewahren und gleichzeitig neue Impulse für Kultur, Gemeinschaft und Bildung zu schaffen.
Mit der erfolgreichen Wiederherstellung der Häusle-Villa wurde nicht nur ein kulturelles Erbe erhalten, sondern auch ein Ort der Begegnung geschaffen, der Menschen aller Altersgruppen und Interessen zusammenführt.
Wir sind allen Projektbeteiligten, angefangen beim Bundesdenkmalamt, den Architekt:innen, Fachplanenden, Handwerker:innen bis hin zu den Nutzenden und den politischen Entscheidungsträger:innen dankbar für die gute Zusammenarbeit. Nur durch deren Einsatz kann die Häusle-Villa wieder im alten Glanz erstrahlen.
Marktgemeinde Rankweil
Bauherr/in: Marktgemeinde Rankweil
Architektur: Wolfgang Ritsch Architekten
Fotografie: Maria Ritsch
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