Freiraumplanung ÖRK | LKH Hohenems
heilsam, referenzierend und biodivers
Die Zeit fährt manchmal mit großer Hingabe auf, macht Platz für die Liebe. Zur Medizin, zu den Menschen, zum Leben selbst.
Projektbeschreibung
Profil
Im Zuge des Neubaus beim ÖRK Stützpunkt am Krankenhaus Hohenems, konnte eine großzügige Freiraumsituation zwischen Krankenhaus und ÖRK entwickelt werden. Während Personal und Helfer am Stützpunkt insbesondere vom Dachgarten mit Holzterrasse und Naturdach profitieren, kommt die qualitätsvolle Außenraumgestaltung am Boden wesentlich dem Krankenhaus zu Gute. Bis Dato fehlte hier nämlich ein attraktiver Grünraum für Patienten, Besucher und Gäste.
Baumplatz
Die Mitte dieses Freiraums bildet ein rechteckiger Kiesplatz mit Baumkarree, wobei Gleditsia triacanthos ‚Skyline‘ als Leitart mit wunderbaren jahreszeitlichen Aspekten und dem zunehmend charakteristischen Habitus atmosphärisch überzeugt. Wasserbecken und Sitzbank ziehen über diesen Platz im lichten Schatten, östlich und westlich davon erstrecken sich kräuterreiche Wiesengesellschaften bis zu den jeweils angrenzenden Gebäuden.
Biodiversität und Fruchtgenuss
Zum Bestandsgebäude gegen Westen liegt der Extensivrasen ohne Gehölzbewuchs. Gegen Westen zum ÖRK Neubau strukturieren zwei Formschnittkörper sowie mehrstämmig schirmförmige Felsenbirnen die magere Wiesenfläche. Nördlich und südlich des Freiraums säumen Gehölzbänder mit heimischen Vogel- und Bienennährpflanzen, Sträucher und Kleinbäume, das Gelände. Entlang der Gebäudefassade gegen Osten etablieren sich genussreich die Spalierobstbestände.
Naturdach
Bemerkenswert ist das Naturdach auf dem südlichen Flachdach des Neubaus, neben einer Begrünung mit kräuterreichen Extensivwiesengesellschaften wurden Kieshügel und Totholz für mehr Biotopqualität auf dem Dach eingebaut. Wildkrokus und Wildtulpen sowie als initiale Blühaspekte Buchweizen und Mohn erfreuten das Auge der Terrassenbesucher gleich zu Beginn der Freiraumentwicklung.
Denkmal Neudörfer | Textauszug von den Architekten Nägele Waibel ZT GmbH
Um erhebliche Mehrkosten zu vermeiden, wurde von der Stadtvertretung beschlossen das Neudörferhaus bis zur Kellerdecke abzutragen und durch einen Neubau zu ersetzen. Nach dreijähriger Planungszeit war das eine herbe Enttäuschung für uns.
Um das Andenken an Dr. Neudörfer zu bewahren, sollte nun ein Zeichen in anderer Form gefunden werden. Das Neudörferhaus selbst hatte baukulturell kein wertvolles Element zu bieten. Es gab kein Natursteinportal mit besonderer Inschrift, kein historisch wertvolles Türblatt und auch keine Putzrosette. Um zumindest ein Originalteil des Gebäudes zu erhalten, haben wir rund tausend Ziegel des Neudörferhauses gesichert.
Wir haben dann vorgeschlagen mit diesen Ziegeln ein Stück Mauer zu errichten. Damit die Mauer gesehen wird, haben wir sie hier, mitten im Garten des Krankenhauses platziert. Gemeinsam mit dem Brunnen bildet sie eine Komposition und gliedert den Platz unter dem Baumkarree. Hier wird sie zum Träger von Geschichte, hier erzählt sie der Nachwelt ihre eigene Geschichte und wird so zum Zeitzeugen der örtlichen Kultur.
An diesem Ort kommt der Mauer eine neue Bedeutung zu. Sie wurde als Trockenmauer errichtet. In den offenen Fugen und Ritzen kann sich eine spezielle Mauervegetation ansiedeln. Sie bietet Insekten, Reptilien und Vogelarten Raum und Nahrung. Je nach besonnter oder beschatteter Seite, aber auch innerhalb der Mauer, ob im „obersten Stockwerk“ oder im „Keller“, werden unterschiedliche Bedingungen vorgefunden, die von Mietern der Pflanzen- und Tierwelt als Rückzugs- und Fluchtort genutzt werden.
Zur Errichtung der Mauer gibt es eine besondere Geschichte. Schüler der Bauakademie aus der Nachbarschaft haben im Rahmen eines Ausbildungsprojektes, die Mauer kostenlos errichtet - eine besonders schöne Geste für diese Mauer an diesem Ort!
Statement Architekt
Es ist mir bewusst, dass die freistehende Mauer Fragen aufwirft. Der Bezug zum Neudörferhaus erschließt sich nicht selbstverständlich. Auf den ersten Blick erschließt sich auch nicht der ökologische Nutzen der Fugen und Ritzen für den Garten. Die groben unregelmäßigen alten Mauerziegel stehen in auffallendem Kontrast zu der glatten kantigen Oberfläche des Brunnens.
Die Mauer fällt auf, und macht neugierig!
Exakt in Mauerflucht steht in der Grünfläche eine Tafel. Auf dieser Tafel wird die Bedeutung der Mauer mit einem sehr schönen poetischen Text von Daniela Egger beschrieben.
Architekt Elmar Nägele | Architekten Nägele Waibel ZT GmbH
Statement Landschaftsarchitektin
Die Freiraumgestaltung zwischen ÖRK und Krankenhaus war ein Herzensprojekt von mir, getragen vom Anspruch heilsam und reaktivierend wirksam zu werden. Dabei haben wir eine heterogene Zielgruppe aus psychosomatisch Kranken, Krankenhauspersonal sowie Personal und Helfern des ÖRK vor Augen. Gemeinsam mit den Architekten kreierten wird einen Ort für Erholung, Naturbeobachtung, Fruchtgenuss und Erinnerung.
Maria Anna Schneider-Moosbrugger | Landschaftsarchitektin
„Das Kuratorium wertet das Projektvorhaben als sehr gelungen. Insbesondere werden die klare, stimmige Gestaltung und der ganzheitliche Zugang (inklusive der Gestaltung der Dachfläche) gelobt.“
Nextland Kuratorium
Land Rise | Portfolio
DI Maria-Anna Schneider-Moosbrugger gründete 2002 das Landschaftsarchitektur- und Raumplanungsbüro Land Rise mit der Vision, zukunftstaugliche Außenräume zu schaffen, die Begegnungen, Sozialisierung und gemeinschaftliches Engagement fördern – und Menschen emotional ansprechen. Lebensraumqualität für Menschen und Mitwelt, eine ökologisch verträgliche Herangehensweise und ein ästhetischer Anspruch gehören zu den Hauptanliegen. Das Team besteht derzeit aus fünf Mitarbeiterinnen, die die Bereiche Landschaftsarchitektur, Raumplanung und Biodiversitätskonzepte abdecken. Mit Sitz in Egg (Bregenzerwald) setzt das Unternehmen Projekte unterschiedlicher Größenordnung in ganz Vorarlberg um.
„Die Natur hat viele Antworten auf die Anforderungen, die mit Klimaveränderungen einhergehen. Sie lehrt mich das Stillsein, das Beobachten und Wahrnehmen. So entstehen lebendige Lösungen und Konzepte, die mit der Lebenswelt wachsen.“ Maria Anna Schneider-Moosbrugger | Landschaftsarchitektin
Anspruch
Baukörper und Freiflächen zu einem harmonischen Ganzen zu verbinden, ist Aufgabe der Landschaftsarchitektur. Dabei kommen das umfassende Fachwissen und die vielfältige Projekterfahrung zum Tragen, um nachhaltige, zweckmäßige und ansprechende Lösungen zu finden.
Ziel ist es, die Lebensqualität künftiger Nutzer:innen – Menschen, Tiere und Pflanzen – bestmöglich zu gewährleisten. Ihre Anliegen haben Priorität. So entstehen aufeinander abgestimmte Natur- und Gebäudeelemente, die eine Gesamtheit bilden.
Ein besonderes Anliegen ist die Gestaltung von Spiel-Erlebnis-Räumen, die für Kinder wichtige Lernumgebungen darstellen. In diesen Räumen können Kinder Natur und Elemente in einem geschützten Umfeld entdecken.
Worte des Architekten zum Denkmal Neudörfer
Einweihung des Denkmals am 22.04.2022
Schön, dass Sie alle da sind! Es freut mich, dass wir heute zusammen gekommen sind, um das Denkmal von Primar Neudörfer einzuweihen.
Jetzt, da wir hier stehen, erinnere ich mich aber auch an ein weniger erfreuliches Zusammentreffen. Es war ein nasser kalter Wintertag. Wir sind im komplett entkernten Neudörferhaus gestanden und mussten feststellen, dass der Bauzustand der Außenwand wesentlich desolater ist, als vermutet wurde. Innerhalb des Mauerwerkverbandes kamen morsche Holzbalken zum Vorschein. Laboruntersuchungen haben ergeben, dass der Mörtel zwischen den Ziegeln zu wenig Bindemittel hatte, die Tragfähigkeit der Außenwand konnte nicht gewährleistet werden. Eine Sanierung wäre nur mit sehr großem Aufwand möglich gewesen. Um erhebliche Mehrkosten zu vermeiden, wurde von der Stadtvertretung beschlossen das Neudörferhaus bis zur Kellerdecke abzutragen und durch einen Neubau zu ersetzen. Nach dreijähriger Planungszeit war das eine herbe Enttäuschung für uns.
Um das Andenken an Dr. Neudörfer zu bewahren, sollte nun ein Zeichen in anderer Form gefunden werden. Das Neudörferhaus selbst hatte baukulturell kein wertvolles Element zu bieten. Es gab kein Natursteinportal mit besonderer Inschrift, kein historisch wertvolles Türblatt und auch keine Putzrosette. Um zumindest ein Originalteil des Gebäudes zu erhalten, haben wir rund tausend Ziegel des Neudörferhauses gesichert.
Wir haben dann vorgeschlagen mit diesen Ziegeln ein Stück Mauer zu errichten. Damit die Mauer gesehen wird, haben wir sie hier, mitten im Garten des Krankenhauses platziert. Gemeinsam mit dem Brunnen bildet sie eine Komposition und gliedert den Platz unter dem Baumkarree. Hier wird sie zum Träger von Geschichte, hier erzählt sie der Nachwelt ihre eigene Geschichte und wird so zum Zeitzeugen der örtlichen Kultur.
An diesem Ort kommt der Mauer eine neue Bedeutung zu. Sie wurde als Trockenmauer errichtet. In den offenen Fugen und Ritzen kann sich eine spezielle Mauervegetation ansiedeln. Sie bietet Insekten, Reptilien und Vogelarten Raum und Nahrung. Je nach besonnter oder beschatteter Seite, aber auch innerhalb der Mauer, ob im „obersten Stockwerk“ oder im „Keller“, werden unterschiedliche Bedingungen vorgefunden, die von Mietern der Pflanzen- und Tierwelt als Rückzugs- und Fluchtort genutzt werden.
Zur Errichtung der Mauer gibt es eine besondere Geschichte. Schüler der Bauakademie aus der Nachbarschaft haben im Rahmen eines Ausbildungsprojektes, die Mauer kostenlos errichtet - eine besonders schöne Geste für diese Mauer an diesem Ort!
Es ist mir bewusst, dass die freistehende Mauer Fragen aufwirft. Der Bezug zum Neudörferhaus erschließt sich nicht selbstverständlich. Auf den ersten Blick erschließt sich auch nicht der ökologische Nutzen der Fugen und Ritzen für den Garten. Die groben unregelmäßigen alten Mauerziegel stehen in auffallendem Kontrast zu der glatten kantigen Oberfläche des Brunnens. Die Mauer fällt auf, und macht neugierig!
Exakt in Mauerflucht steht in der Grünfläche eine Tafel. Auf dieser Tafel wird die Bedeutung der Mauer mit einem sehr schönen poetischen Text von Daniela Egger beschrieben.
Elmar Nägele
Bauherr/in: ÖRK + LKH Hohenems
Architektur: Maria-Anna Schneider-Moosbrugger
Fotografie: Alexander Kofler, Maria Anna Schneider-Moosbrugger
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