das Neni
Grundsätzliches.
Vorangestellt ein Zitat von Peter Zumthor: „… die Baukulturen, die Dörfer, Städte, Häuser, mit denen ein Mensch aufwächst, sind Teil seiner Lebensgeschichte und auch ein Teil des Raumes, in dem sein Leben eingebettet ist. ... es haben Menschen in diesen Gebäuden gearbeitet und mit ihnen gelebt, und manche haben sich vielleicht auch an ihnen abgearbeitet. Solche Dinge muss man respektieren. … ich verstehe unter „Heimaten“ Gebäude, die einen emotionalen Wert haben, weil sie an ihrem Ort verankert sind und diesen Ort begründen. Solche Bauten vermitteln uns das Gefühl, irgendwo dazuzugehören. Dieses Gefühl macht uns ruhig. Wir kommen alle aus Häusern. Nimmt man uns zu viele dieser Häuser weg, wird es ungemütlich.“
Folglich sollte jedwede gebaute Struktur ökonomisch, historisch, materialtechnisch, handwerklich, semantisch und emotional als wertvolle Ressource betrachtet werden. Es darf also kein auslöschen (in diesem Fall kein verschwinden aus der gewachsenen Dorfstruktur) von Gebäuden, oder Gebautem geben, vielmehr sollten diese Bauten als Ready-made, als Ausgangsmaterial, als Geschichte, als „immer schon dagewesen“ betrachtet werden! Bauen im Bestand bedeutet also immer das Weitererzählen einer Geschichte. Zu Ende Erzähltes wird fortgesetzt, gerissene Erzählstränge werden mit neuen Behauptungen verknüpft.
Idee.
Der ca. 80 jährige, leerstehende und nicht mehr genutzte Stall wurde „so“, also in einer möglichst unveränderten Form verwendet, das benötigte neue Raumprogramm (zwei Ferienwohnungen) hineingewoben, wobei das bestehende in seiner Formen- und Materialsprache das Neue bestimmte. Von außen betrachtet blieb der Stall weitestgehend unverändert, wieder seine (baukulturelle) Geschichte zeigend, nicht musealisiert sondern mit Neuem (Leben?) ge- und erfüllt. So kann er weitergenutzt und vor dem Verfall oder dem Abbruch bewahrt werden.
Material und Struktur.
In die bestehende Konstruktion (die Hälfte des Erdgeschosses massiv als Ziegel-, der Rest als Holzriegelbau ausgeführt) wurde ein neues Betonpflaster eingebaut, die Hülle thermisch ertüchtigt, die bestehenden Fenster getauscht, neue großzügige Verglasungen hineingeschnitten und durch betonierte (und abgeschliffene) Terrassen bzw. zwei „Eingangskuben“ mit Schwarzstahlverkleidung ergänzt! die Zwischendecke aus einer Balkenlage mit Bretterboden blieb unverändert, wurde lediglich gereinigt und zwecks Belichtung teilweise geöffnet. Sämtliche Wand- und Deckenoberflächen sind mit einer unbehandelten Weißtannenschalung belegt.
Der Boden ist als Lehmstampfboden!
Mit Fußbodenheizung ausgeführt. Heizungstechnisch ist das Gebäude am nahen Elternhaus des Bauherren über eine Fernwärmeleitung angeschlossen. Die bestehende Solaranlage am Dach wurde weitergenutzt.
Bauherr.
Der Bauherr ist seinem Instinkt gefolgt und hat das von seinen Vorfahren errichtete Gebäude, das zudem sein Kinderspielplatz war und ihn an diesen Ort gebunden hat und weiterhin bindet, nicht abgerissen! Das erforderte vor allem eines - Mut! Bauen also als weiterbauen an und mit tradiertem, vielleicht auch ein zurück und vorwärts gleichermaßen und damit Verbindungen schaffend, knapp in Größe und Ressourcenverbrauch, kurz: Sinnstiftend viele und vieles berührend.
Bauherr/in: Peter Raunicher
Architektur: madritsch*pfurtscheller
Fotografie: Daniel Pfurtscheller
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